Montag, 8. März 2021

Ford Sierra - ein echtes Fass ohne Boden

 

Ich wusste nicht was Rost ist, bis alte Fords in mein Leben gekommen sind. Wobei VW auch nicht so viel besser ist. Wie dem auch sei, kaum haben wir den Mondeo erfolgreich zurück ins Leben geschweißt, steht jetzt schon wieder ein blauer Ford in der Garage und braucht Zuwendung. Dieses Mal nicht nur als Winterauto für ein oder zwei Jahre sondern als zukünftiger Daily-Driver. Dafür braucht es eine solide Basis damit sich der ganze Aufwand auch lohnt. Leider scheint dieses Fass keinen stabilen Boden mehr zu haben. 

 

 

Dabei wurde bereits beim Kauf dieses Ford ganz besonders auf den Zustand der Karosserie geachtet. Laut Aussage des Vorbesitzers sind in den letzten Jahren ziemlich umfangreiche Blech- und Lackarbeiten für mehrere Tausend Euro durchgeführt worden. Unter anderem der Aussenschweller linksseitig ist komplett neu. Doch schon bei der Besichtigung auf der Straße fand sich mindestens eine Stelle wo das Blech nochmal Arbeit macht; die Verstärkungsplatte für die Sitzbefestigung Fahrerseitig. Hier liegen zwei Bleche übereinander so das im Zwischenraum leicht Rostnester entstehen können. Leider eine echt typische Stelle beim Sierra. Da zahlt sich ein bisschen Typkenntnis gleich aus.

 

 

Gemessen am sonstigen Zustand dieses Ford, war der Preis nicht allzuhoch und lässt noch Platz im Budget für die nötigen und weniger nötigen Reparaturen. Mittelfristig muss unbedingt noch etwas für die Optik getan werden. Ein Spoiler auf dem Kofferraumdeckel, Tieferlegungsfedern und große 17 Zoll Alufelgen sind schon ein guter Schritt in die richtige Richtung. Aber vor allen anderen Dingen muss der Wagen geschweißt werden. Wie praktisch das gerade erst wieder Platz in der Garage geschaffen wurde und das Schweißgerät auf seinen nächsten Einsatz wartet. Leider können wir nicht einfach neus Blech nehmen, grob dran halten und wild drauf los braten (so wie wir es sonst gelegentlich machen). Stattdessen kommen jetzt die Drahtbürste und der Heißluftfön zum Einsatz um den Unterboden von alter Farbe, Rost und Unterbodenschutz zu befreien.

 


Hinter dem alten, ehemals elastischen Schutzanstrich finden wir nichts gutes. Mehrere ausgewachsene Löcher, Sektionen die schon fast lichtdurchlässig sind und ein Stück im hinteren Fußraum scheint nur noch aus Karosseriedichtmasse zu bestehen. Insofern ist es fast egal wo wir anfangen das kaputte Blech auszuschneiden. Um die Arbeit zu erschweren befindet sich, anders als beim Mondeo, in jedem Fall direkt auf der anderen Seite der Rostnester entweder Teppich oder Dämmmaterial das vermutlich schnell brennt oder zumindest unangenehm riechen dürfte wenn wir nicht vorsichtig sind. Deswegen und weil wir auch im Innenraum schweißen müssen, ist der nächste Arbeitsschritt die Demontage vom Fahrersitzt (vier Schrauben), den Einstiegsleisten (jeweils drei Schrauben) und dem Seilzug des Kofferraumöffner (eine Schraube). Jetzt kann der Teppich und die Dämmmatte darunter hochgeklappt werden. 

 


Mit ein paar Holzlatten als Distanzstücke und der Brandschutzdecke dazwischen sollten wir eigentlich keine Probleme mehr in dieser Richtung haben. Wenn wir nur eine Sache gelernt haben, nach dem wir an diversen rostigen Autos arbeiten durften dann wohl diese: das Rostloch bleibt nie so klein wie es zunächst den Anschein hat! Nach dem entrosten und abschleifen ist es mindestens 50% größer, gerne auch mehr. Selbst wenn es so aussieht dass das Blech noch stabil ist, bemerkt man spätestens beim anschweißen wie schnell man durchbrennt. Darum lieber gleich alles ein bisschen großzügiger ausschneiden und den neuen Flicken mit etwas mehr Überstand bemessen. Abschneiden lässt sich hinterher immer noch besser als verlängern. Ein großes Stück kann schneller und sauberer eingesetzt werden als drei kleine. Die Frage ist nur wo fängt man an, wo hört man auf und wie kriegt man die originale Form bestmöglich hin?

 

 

Um die Löcher überhaupt ins Bodenblech zu bekommen, haben wir uns ein neues Werkzeug gegönnt. Ein kleiner Druckluft-Trennschleifer mit nur 75mm großer Scheibe - damit sollten wir auch in die letzten Ecken kommen. Besonders in der Ecke zum linken Hinterrad muss viel ausgeschnitten werden. Sowohl das Bondeblech als auch die Innenseite vom Schweller sind stark angefressen. Sobald der Innenschweller aufgeschnitten ist können wir einen Blick dahinter werfen. Dabei entdecken wir zwei Dinge; zum einen das der Aussenschweller offenbar mit einem großen Reparaturblech komplett erneuert wurde (was gut ist) und zum anderen dass dabei ein Stück vom Stehblech (das mittlere Blech zwischen Aussen- und Innenschweller) herausgeschnitten und weggelassen wurde. Das ist schlecht und muss korrigiert werden. 

 


Also schneiden wir das Loch im Innenschweller einfach noch ein ganzes Stück größer und schweißen hier ebenfalls einen Flicken drauf. Bloß gut das wir es jetzt bemerken wo eh alles offen vor uns liegt. Apropos offen; nachdem wir noch ein bisschen weiter rumgestochert und mit dem Hammer abgeklopft haben ist das Bodenblech auf einem drittel der Länge nicht mehr mit dem Schweller verbunden. Jetzt stellt sich uns natürlich die Frage; warum wurde das nicht repariert als der Sierra neue Aussenschweller bekommen hat? War damals noch alles gesund? wurde es übersehen? reichte das Budget nicht? In jedem Fall müssen wir uns jetzt darum kümmern, sonst sitzt man irgendwann auf der Straße. Immerhin ist der Schweller selbst soweit in Ordnung das wir hier ohne Probleme neu ansetzen können. 


 

Damit wir eine saubere Kante haben wo das originale Bodenblech und unser Reparaturblech zusammenfinden wird erstmal parallel zum Schweller ein breiter Blechstreifen abgeschnitten, so haben wir auf jeden Fall eine solide Basis. Danach biegen wir in unserer Mini-Kantbank für den Schraubstock mehrere etwa 30cm lange Segmente die auf der einen Seite genau zur Höhe des Schwellerfalz passen und auf der anderen Seite so eingekürzt werden können das sie bündig ans Bodenblech reichen. Mit der Lochzange stanzen wir alle paar Zentimeter ein Loch in den Falz damit wir unser Blech per Lochpunktschweißung anbringen können - in der Zwischenzeit reichen ein paar Gripzangen aus um alles in Position zu bringen. Wir wollen keine durchgehenden Schweißnähte ziehen sondern lieber einzelne Schweißpunke setzen und immer wieder hin und her springen um nicht unnötig viel Hitze ins Material zu übertragen. 

 


Zwischendurch schauen wir immer mal wie es im Innenraum aussieht und ob nicht doch irgendwas anfängt zu brennen durch verirrte Schweispritzer. Wäre doch sehr schade um die gut erhaltene Innenaustattung wenn sie Brandlöcher bekommt. Insgesamt sind wir mehrere Tage, jeweils für ein paar Stunden, damit beschäftigt dem Bodenblech wieder etwas Form und Stabilität beizubringen. Abschließend schleifen wir die Schweißpunkte noch etwas glatt und tragen die erste Schicht Rostumwandler auf. Selbst wenn wir eigentlich alles gründlich blank geschliffen haben kann sich immer noch irgendwo ein bisschen Rost eingenistet haben und sein Werk bald wieder aufnehmen wenn wir jetzt nicht ordentlich vorsorgen. Wenn der zweite Anstrich mit Rostumwandler durchgezogen ist, wird alles mit zwei Schichten Rostschutzfarbe eingepinselt. Im Innenraum reicht das als Schutz schon aus, auf der Unterseite tragen wir später Unterbodenschutz auf und in die Schweller wollen wir Hohlraumschutzwachs sprühen.

 


Die Aussenschweller wurden nach der letzten Instandsetzung mit einer Art elastischem Steinschlagschutz behandelt und anschließend überlackiert. Wir haben keine Ahnung ob es an den niedrigen Temperaturen (-9° in der Garage) oder am Material liegt. Jedenfalls lässt sich das Zeug einfach in großen Brocken vom Schweller abknibbeln. Darunter kommt rostfreies, wenn auch unlackiertes, verzinktes Blech zum Vorschein. Ob wir das so belassen oder auch nochmal alles freilegen und neu behandeln steht noch nicht fest. In Anbetracht der Tatsache das dieser Sierra für hoffentlich möglichst lange Zeit als Dailydriver und Winterauto dienen muss, sollten wir es wohl besser machen. 

Nachtrag: Jetzt (Juni 2021) hat der blaue Sierra offiziell seinen Dienst als Daily angetreten. Wie alle Autos vor ihm muss er einen Namen bekommen; Smokey soll er heißen. Das liegt nicht daran das er beim schweißen Feuer gefangen hätte oder besonders viel Öl verbrennt sondern an seiner speziellen dunkelblauen Metalliclackierung die bei Ford ganz offiziell Smokestone Blue heißt.

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