Freitag, 28. Mai 2021

Gespanne und Kuppeleien VIII


Da sich die Pandemie-Situation so langsam etwas entspannt, darf man sich Hoffnung machen das in diesem Jahr wieder ein halbwegs normaler Urlaub möglich sein wird. Das heißt für viele Leute mit dem Wohnmobil oder Wohnwagen durchzustarten. So hat man sein eigenes Bett und Küche dabei, ist unabhängig von Hotels und Restaurants - und wenn es ganz schlimm wird kann man jederzeit zusammenpacken und nach Hause fahren. Leider wird so ein Fahrzeug dabei ziemlich schnell zu schwer. Aber wir haben da vielleicht eine Lösung parat; auflasten!

 


Wie der Name vermuten lässt wird die (zulässige) Last erhöht die unser Vehikel tragen darf. Bei gleichem Leergewicht hat man so mehr Zuladung gewonnen oder ist bei identischen Rahmenbedingungen zumindest nicht mehr überladen unterwegs. Aber was muss man machen um seinen Caravan auflasten zu lassen? Natürlich kommt diese Frage zur Sprache weil es aktuell genau so im erweiterten SZK-Fuhrpark passiert ist. 

 


Der 89er Knaus Südwind welcher beim letzten Urlaub einen Reifenplatzer auf der Autobahn hatte, bekam natürlich einen Satz neue Gummis verpasst. Beim regionalen Reifendealer standen in der gewünschten Größe 195/65R14 zwei verschiedene Modelle zur Auswahl. Neben dem Preis unterscheiden sie sich vor allem bei der Tragfähigkeit. Einmal Loadindex 89, also 580kg, und einmal LI96 also 710kg. Obwohl laut Fahrzeugschein die 89 ausreichend sind, kommen wir damit nicht auf unsere zulässige Achslast von 1300kg.


 

Wir vermuten dass damals bei der (ersten) Auflastung von 1100kg auf 1300kg schlicht vergessen wurde die Reifen dem höheren Gewicht anzupassen. Wie dem auch sei werden jetzt keine halben Sachen gemacht und neue 96er Reifen gekauft. Damit wären theoretisch Achslasten bis 1420kg möglich. Leider reicht das noch nicht als Grundlage für eine erfolgreiche Auflastung aus. Der gesamte Pfad von der Straße bis zur Ladung muss der Belastung gewachsen sein. Teilweise gibt es noch große Reserven, teilweise nicht.

 


Das Thema Reifen haben wir jetzt erstmal erfolgreich geschafft - wenn noch höhere Gewichte geplant sind muss auf eine andere Dimension ausgewichen werden. Dabei gibt es aber auch einiges zu  beachten, aber darum kümmern wir uns vielleicht ein anderes Mal. Vom Reifen aus ist die Felge das nächste relevante Bauteil. Der Wohnwagen hat Stahlfelgen von MEFRO die laut unseren Recherchen bis zu 900kg aushalten können - wenn man denn überhaupt passende Reifen bekommt. 

 


Direkt hinter der Felge verbirgt sich die Bremstrommel. Auch sie bzw die ganze Bremsanlage wurde mal vom Hersteller für ein bestimmtes Höchstgewicht ausgelegt. In diesem Anhänger jeweils 650kg und was keiner für möglichen halten mag; die Achse darf maximal 1300kg tragen - das passt ja perfekt. Nur gibt es leider keinen Spielraum mehr nach oben hin. Damals beim Kauf vor knapp 30 Jahren durfte der Anhänger nur 1100kg wiegen. Da die Achse aber 1300kg verträgt konnte mit einem Schreiben vom Hersteller der Fahrzeugschein geändert und das zulässige Gesamtgewicht erhöht werden.


 

Hier und jetzt müsste eine neue Achse samt Bremsen her. Doch selbst dann können wir den Wohnwagen nicht unmittelbar schwerer beladen. Das Chassis und die Deichsel müssen das Gewicht schließlich auch aushalten. Sofern die Deichsel fester Bestandteil vom Rahmen ist, findet man im Netz leider nur schwerlich genaue Angaben wie viel Reserven noch im Material stecken. Der Hersteller weiß in solchen Fällen am besten bescheid und kann verbindliche Aussagen treffen. Eine Mail an Al-Ko brachte keine guten Nachrichten; das Chassis ist nicht für höhere Gewichte freigegeben. 


 

Das heißt neben einer neuen Achse braucht es auch einen neuen Rahmen samt Deichsel. Damit nähern wir uns schon fast dem Ende der Reise. Die Auflaufeinrichtung sitzt als Bindeglied zwischen Anhänger und Auto. Sie muss die Bremsanlage ansteuern und alles zusammenhalten. Laut Typenschild taugt die Anlage für Gewichte bis zu 1600kg, das wäre ein Wert mit dem wir leben könnten. Als letztes wichtiges Bauteil muss noch die Kugelkopfkupplung die Belastungen ertragen. Statt einer direkten Angabe in Kilogramm müssen wir uns mit dem D-Wert das Gewicht selbst ausrechnen. Sie würde bis zu 2000kg packen.


 

Unterm Strich hapert es also an der Achse, den Bremsen und dem Chassis. So macht die Sache wirtschaftlich keinen Sinn. Wenn nicht zufällig irgendwo ein Wohnwagen durch Überflutung kaputt geht, werden wir wohl kein komplettes Fahrgestell zum kleinen Preis finden. Und ein neues Chassis vom Hersteller zu kaufen ist so teuer das man besser einen kompletten (gebrauchten) Wohnwagen kauft. 

 


Hätten die Teile alle gepasst, müssten wir nur zum TÜV oder Dekra fahren, unser anliegen Vortragen und mit einer Änderungsabnahme und neuem Typschild zur Zulassungsstelle um die Fahrzeugpapiere anpassen zu lassen. Die kleine Lösung - sofern das Chassis stabil genug ist - wäre nur eine neue stärkere Achse zu besorgen. Dann brauchen wir aber noch einen Nachweis das die Auflaufeinrichtung und die Radbremse miteinander funktionieren, also Betätigungskraft und Hebelweg stimmen. 


Solange wir auch das nicht haben, können wir uns zumindest darauf verlassen das die neuen Reifen ein bisschen mehr Sicherheitsreserve haben als die Alten.

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