Freitag, 9. Juli 2021

Autos tieferlegen - wie geht das?

 

Autos die benutzt werden können auch mal kaputt gehen. Dann fährt man in die Werkstatt und lässt die nötigen Reparaturen durchführen. Oder man besorgt sich selber Ersatzteile und macht die Arbeit in Eigenregie. In jedem Fall bieten solche Situationen die Chance etwas zu verändern. Egal ob abgefahrene Reifen, undichter Auspuff oder kaputtes Fahrwerk, für fast jedes Teil gibt es eine Alternative aus dem Zubehör die ganz nach dem eigenen Geschmack ist. Das bringt uns zur heutigen Frage; wie lege ich mein Auto (richtig) tiefer?

 


Grundsätzlich sind die Arbeitsschritte nicht anders als beim Austausch undichter Stoßdämpfer oder gebrochener Federn - das haben wir in der Vergangenheit schon mehrfach bei allen möglichen Autos durchgespielt. Die wichtigsten Unterschiede zur normalen Verschleißreparatur sind die größere Auswahl bei der Fahrhöhe, der Federhärte, dem Hersteller und (häufig) die Notwendigkeit den ganzen Kram am Ende des Tages eintragen zu lassen - sonst könnte es bei der HU oder Verkehrskontrolle Probleme geben.

 

 

Unser aktuellster Fall ist Tippes Alko-Fiesta der leider bei der Hauptuntersuchung mit einer gebrochenen Feder an der Vorderachse durchfiel. Natürlich hätten wir im Netz zwei billige Ersatzfedern für unter 50€ kaufen und montieren können. Aber dann sieht der Ford wieder genau so aus wie jedes andere Modell auf der Straße (wenn man von den Aufklebern absieht) und das wäre langweilig. Die bessere Optik ist stark subjektiv und vom eigenen Geschmack abhängig, aber ein paar Zentimeter am Boden zu liegen schadet fast keinem Auto. 


 

Je nachdem wie groß die serienmäßige Bodenfreiheit und wie steil der tägliche Weg zur Arbeit ist, sollte eine reduzierung um 20 bis 30 mm ohne viele Nachteile im Alltag machbar sein. Dann leidet der Fahrkomfort und die Lebensdauer der restlichen Fahrwerkskomponenten noch nicht übermäßig. Abhängig vom eigenen Geschmack können bei den unterschiedlichen Fahrwerksherstellern härtere und weichere Federn sowie Stoßdämpfer bestellt werden - ob das Auto am Ende wie ein GoKart fährt oder von Schlagloch zu Schlagloch hüpft ist weniger Glückssache als gründliche Vorbereitung und Recherche. Bei gängigen Automodellen findet sich normalerweise immer irgendjemand im Netz der genau so einen Umbau schon gemacht hat und seine Erfahrungen aufschreibt.

 

 

Wie so oft im Leben kostet gute Qualität auch gutes Geld. Darum muss man sich als erstes Fragen wie lange das Fahrwerk im Auto bleiben soll und dann wie wichtig das Fahrverhalten ist. Für eine gute Optik will man natürlich möglichst tief gehen, wobei der Fahrkomfort dann nochmal rapide abnimmt. Das liegt einfach daran wie so eine Tieferlegung grundlegend funktioniert; das Auto federt einfach im Leerzustand weiter ein, genau so wie es sich verhalten würde wenn viel Gewicht an Bord ist. Dadurch sinkt gleichzeitig der verbleibende Restfederweg bevor die Hartgummi-Federanschlagpuffer eingreifen. 

 

 

Damit das Auto jetzt nicht bei jeder Bodenwelle (oder wenn wirklich mal fünf Insassen mit Gepäck an Bord sind) voll durchfedert und hart aufschlägt, müssen die Tieferlegungsfedern eine höhere, also härtere, Federrate haben. Die Federrate gibt an wie weit die Feder sich bei welcher Belastung komprimiert. Viele Serienfahrwerke verwenden progressive Federn die immer härter werden jeweiter das Auto einfedert, ungefähr so hart sind Tieferlegungsfahrwerke permanet. Das muss man einfach mögen, sonst bleibt man besser beim Originalzustand. 

 


 

Neben den einfachen  statischen Tieferlegungsfahrwerken die meist nur aus kürzeren bzw. anders gewickelten Federn und vielleicht noch strafferen Sportstoßdämpfern bestehen gibt es für etwas mehr Geld auch höhenverstellbare Gewindefahrwerke. Wie der Name vermuten lässt befindet sich auf dem Federbein bzw Federteller ein Gewinde mit dem die Höhe des Fahrzeug in gewissen Grenzen individuell eingestellt werden kann. Ursprünglich stammt diese Technik aus dem Motorsport wo es in erster Linie nur darum ging die Radlasten zwischen den vier Rädern exakt so zu verteilen wie es der Fahrer bzw die Rennstrecke erfordern. 

 


Bei Straßenautos besteht der Riesenvorteil darin das eine optische Schieflage korrigiert bzw je nach persönlichem Geschmack eine Keilform (vorne tief hinten hoch) oder maximale tiefe (quasi bis zum Ende des Gewinde) erzielt werden kann. Leider kann darf und sollte man das Auto nicht wirklich so tief runterschrauben. Neben der Alltagstauglichkeit leiden viele der Gelenke und Buchsen im Fahrwerk wenn sie sich permanent in einer kontruktiv nicht eingeplanten Lage befinden. Die härteren Schläge und Vibrationen spürt man als Fahrer natürlich, aber auch ein Auto kann sich auf dauer kaputtrappeln. 

 


Abhängig vom jeweiligen Fahrzeug und der montierten Reifengröße kann es zum Kontakt von Reifen und Kotflügel oder Radhausschale kommen wenn der Wagen zu tief gelegt wird. Bei manchen Autos sind auch zusätzliche Federwegbegrenzer. Änderungen am Stabilisator oder dünnere Antriebswellen erforderlich gewesen damit hier nichts schleift. In der Praxis bekommt man schon weit vorher Probleme beim TÜV oder in der Verkehrskontrolle, darum befassen wir uns mit derartigen Anpassungsarbeiten nicht weiter. Damit das Auto auch nach dem Umbau weiterhin legal auf der Straße fahren darf ist entweder eine Allgemeine-Betriebs-Erlaubnis (ABE) für das Fahrwerk notwendig oder das Auto muss über eine Änderungsabnahme absolution erhalten. 

 


Für die Änderungsabnahme nach §19.2 StVZO braucht es zwangsweise ein Teilegutachten vom Hersteller des Fahrwerk. Darin steht für welches Fahrzeug, mit welchen zulässigen Achslasten und Reifengrößen das Tieferlegungsfahrwerk überhaupt passt. Ausserdem stehen dort die erforderlichen Anpassungsarbeiten drin, beispielsweise die Radlaufkante anlegen oder den Radlauf nach aussen ziehen, die Radhausschale ausschneiden bzw entfernen und ganz wichtig; eine Achsvermessung durchführen. Bei einfachen Tieferlegungen die nur aus kürzeren Federn bestehen sind teilweise gar keine Zusatzarbeiten am Fahrzeug erforderlich. Sie funktionieren sogar mit den serienmäßigen Stoßdämpfern. 

 

 

Sind die Federn besonders kurz, sind meist auch gekürze Stoßdämpfer erforderlich damit die Feder beim ausfedern über Bodenwellen nicht einfach rausfallen kann. Auch sowas steht im Teilegutachten und wird bei der Änderungsabnahme kontrolliert. Bei Gewindefahrwerken gibt der Hersteller einen Bereich an in dem der Federteller und somit die Fahrzeughöhe eingestellt werden darf. Dieses Maß wird später mit in den Fahrzeugschein eingetragen damit man nicht einfach nach erfolgter Abnahme noch weiter nach unten geht. 

 

 

Die Spitze der Evolution stellen Gewindefahrwerke mit einstellbarer Fahrhöhe, Federvorspannung (das beeinflusst die Federrate) sowie in Zug- und Druckstufe einstellbaren Stoßdämpfern. Damit könnte jemand der genug Zeit und Erfahrung hat das Fahrwerk so einstellen das er bei seinem Auto die bestmögliche Straßenlage rausholt. Im Alltag ist sowas ziemlich übertrieben und darum ein Fall für Hobbyrennfahrer die Regelmäßig an Trackdays teilnehmen. Die reduzierte Seitenneigung und Wankverhalten sollten die Beifahrer trotzdem zufriedenstellen. Hauptsache der Rest vom Fahrzeug ist auch adäquat.

 

 

Wenn zusätzlich zum normalen Gewindefahrwerk noch andere Felgengrößen, andere Reifengrößen und Spurplatten verbaut werden ergibt sich schnell ein ziemlich komplexes Gesamtkunstwerk das nicht mehr über die §19.3 Änderungsabnahme abgedeckt ist sondern ein Fall für die §21 Einzelabnahme wird. Dabei wird dann ganz genau geprüft ob dieses eine Auto, mit genau dieser Konstellation noch richtig funktioniert. Also ohne zu schleifen. Ob die Bodenfreiheit noch reicht und die Mindesthöhe von Scheinwerfern, Anhängekupplung und Kennzeichen eingehalten wird ist ebenfalls wichtig. Natürlich dauert so eine Prüfung deutlich länger und kostet mehr. Wahrscheinlich kommt man auch nicht beim ersten Mal durch sondern muss das Fahrwerk nochmal etwas höher drehen oder die Kotflügel weiter bearbeiten. 

 

 

Die Preisspanne reicht von einfachen Federn für rund 100€ zuzüglich Änderungsabnahme für 50-70€ bis hin zum Gewindefahrwerk für etwa  1500€  plus 150€ für die Einzelabnahme. Da ein tiefergelegtes Auto von aussen direkt erkennbar ist (darum macht man das auch sonst), stehen die Chancen ziemlich schlecht dauerhaft unbemerkt auf der Straße zu fahren. Früher oder später kommt man wohl in eine Verkehrskontrolle und wenn dann irgendwas mit dem Fahrwerk nicht passt oder die Eintragung fehlt, gibt es im besten Fall eine Mängelkarte und im schlimmsten Fall wird der Wagen erstmal stillgelegt und muss auf den Abschleppwagen. Darum sollte man nicht auf die Änderungsabnahme verzichten wenn man schon so viel Geld für das neue Fahrwerk investiert hat.

 


Ganz ähnlich aber doch grundsätzlich anders verhält es sich bei einer Höherlegung. Aber davon berichten wir dann ein anderes Mal. 

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