Freitag, 21. Januar 2022

Noch son Spruch: BMW Federbein Bruch

 

Wenn dieser BMW E38 zwei langanhaltende Probleme hat sind das der Rostbefall an diversen Ecken der Karosserie und ein Fahrwerk das irgendwo immer ausgeschlagen ist. Aber so ein Siebener ist ja kreativ und lässt sich für uns mal was neues einfallen damit wir genügend Abwechslung haben; das Fahrwerk rostet durch! Aus einem nicht lokalisierbaren Geräusch bei schnellen Kurven wurde ein akutes "wir sollten das Auto mal besser nicht mehr bewegen, bis das repariert ist".


 

Unser größtes Problem bei der ursprünglichen Fehlerdiagnose lag darin das dieses Schleifgeräusch nicht reproduzierbar ist wenn der Wagen auf der Hebebühne steht. Alle Räder drehen sich leichtgängig, keine Bremse hängt fest, kein Stein zwischen Scheibe und Sattel, kein erhöhtes Spiel in der Lenkung. Also wieder runter auf den Erdboden und eine weitere Runde drehen. Jetzt ist das Geräusch wieder da. Nochmal auf die Bühne; nix zu finden. Neue Probefahrt! Diese Mal im Schritttempo damit wir ums Auto laufen und lauschen können. Offenbar ist der Ursprung beim linken Vorderrad. 

 

 

Mit der Taschenlampe leuchten wir ins Radhaus und aufs Federbein. Das hätten wir schon früher machen sollen und uns die Zeit ersparen; der Federteller schleift auf dem Reifen. Zwar nur ganz leicht, aber zumindest genug das es im Innenraum hörbar ist. Wie kann das sein? Wenn der Reifen nicht spontan deutlich größer und breiter geworden ist sollte der Platz immer gleichbleibend sein. Die Feder kann auch nicht stärker oder schwächer auf das Federbein drücken, solange das Auto nicht schwerer beladen wird. Und geflogen sind wir in diesem Siebener auch schon seit einigen Jahren nicht mehr. Dann muss es sich wohl um Materialermüdung durch Korrosion handeln. 

 


Eine Reparatur der vorhandenen Federteller macht keinen Sinn, da sie fest mit dem Federbein verbunden sind kommt nur ein kompletter Austausch in Frage. Nach 24 Jahren und über 200tkm ist ein Satz neuer Dämpfer in jedem Fall eine gute Idee. Selbst als Komplettset mit Domlager und Staubmanschetten kostet uns der Satz von Meyle keine 200€. Da brauchen wir nicht über billigere Alternativen nachdenken. Ausserdem sind an der Hinterachse ebenfalls Meyle Dämpfer verbaut, das heißt alles sollte gut zusammenpassen. 

 


In der Theorie ist die Aufgabenstellung nicht sonderlich schwer; Auto vorne aufbocken und sichern, Vorderräder lösen und abnehmen, Koppeltstangen am Federbein lösen, Klemmschraube am Achsschenkel lösen und Kabelhalter (ABS und Bremsbelagsensor) zur Seite legen, drei Schrauben am Federdom lösen, Achse soweit absenken bis das Federbein aus dem Radhaus nach aussen geklappt werden kann, Federbein aus dem Achsschenkel ziehen. Dämpfer auswechseln und alles wieder zusammenbauen. In der Realität kann es schon daran scheitern das die Muttern der Koppelstangen sich nicht lösen lassen wollen. 


 

Dann hilft nur viel Kriechöl und ein guter Schlagschrauber oder in letzter Instanz ein Winkelschleifer um die Mutter aufzuschneiden und alles mit stumpfer Gewalt zu öffnen. Das wollen wir natürlich vermeiden. Gut das wir so geduldige Menschen sind. Das nützt uns aber herzlich wenig wenn der Ausfederweg durch die Geometrie der Zugstreben und Lenker so ist, das der Achsschenkel gar nicht weit genug nach unten klappen kann, bis Federbein an der Radlaufkante vorbei passt. Erst wenn der Bremssattel abgeschraubt wird (zwei Schrauben) und die vordere Zugstrebe karosserieseitig gelöst ist, klappt die ganze Einheit weit genug nach unten - man muss nur aufpassen die Stromkabel nicht abzureißen. 

 


Mit einem Gummihammer und etwas Gewalt lässt sich das Federbein aus dem Achsschenkel kloppen. Bevor später alles wieder zusammengebaut werden kann reinigen wir die Aufnahme und entrosten alles um den Einbau zu erleichtern. Wenn man keinen Federspanner zur Verfügung hat kann man entweder alles in den Kofferraum (eines anderen Autos) packen und die Werkstatt des Vertrauens alles umbauen lassen oder man kauft sich gleich eine komplette einbaufertige Einheit. Wir haben das Werkzeug, auch wenn es bei diesem Federn echt  an seine Grenzen kommt. Ein zusätzlicher Spanngurt der uns vor frei herumspringenden Federn schützt, ist vielleicht keine ganz schlechte Idee. Nur um ganz sicher zu sein.

 


Sobald die Feder vollständig gespannt ist, lösen wir die Zentralmutter am Domlager und ziehen die Einzelteile nach von der Kolbenstange runter. Vom alten Federbein recyceln wir nur die Gummiunterlagen, Unterlegscheiben und . Mit dem neuen Stoßdämpfer, neuem Anschlagpuffer, neuer Staubmanschette und neuem Domlagern bauen wir das Federbein-Sandwich wieder zusammen (Mutter auf Kolbenstange 65Nm) und stecken es in den Achsschenkel. Mit etwas Kriechöl flutscht alles um so leichter zusammen, die Klemmschraube bekommt 80Nm. Bevor die Zugstrebe wieder angezogen werden soll (110Nm), stellen wir einen Wagenheber unter die Radnabe und drücken alles soweit hoch bis das Fahrwerk in Normalhöhe ist. 



Der Bremssattel wird mit seinen zwei M14 Schrauben (110Nm) wieder am Achsschenkel montiert, dann fehlt nur noch die Koppelstange (60Nm) und die Vorderräder. Zeit für eine Probefahrt. Die gute Nachricht zuerst; das Schleifgeräusch ist weg und der Wagen liegt gefühlt ein ganzes Stück straffer auf der Straße. Dafür ist er vorne gefühlt zwei Zentimeter höher geworden und das leise Poltergeräusch ist auch noch da. Immerhin müssen wir uns jetzt wieder nurnoch Sorgen um den Rost und das Fahrwerk machen, aber nicht um eine spontane Bauchlandung.

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