Vor fast achteinhalb Jahren konnten wir einmal das Lebenswerk von Hermann Walter in Kaunitz besichtigen; eine nahezu lückenlose Sammlung von VW Käfer aus jedem Modelljahr und noch der eine oder andere Wagen aus Wolfsburg. Warum wir damals nichts von unserem Besuch geschrieben haben kann keiner mehr sagen. Jetzt ist der Sammler verstorben und seine Exponate verteilen sich langsam aber sicher in der Weltgeschichte. Wir nutzen die Zeit für einen Rückblick.
Wenn man draußen auf dem Parkplatz steht sieht das Gelände erstmal ziemlich unspektakulär aus. Abgesehen von einem alten VW Käfer der auf dem Hausdach steht ist alles verschlossen, ohne Termin für eine Führung bekommt man keinen Blick auf die vielen Fahrzeuge die auf mehrere Hallen und Etagen verteilt sind. Schon der Hinterhof zwischen zwei Gebäuden steht voll mit jeder Menge alten Autoteilen die aus Schlachtfahrzeugen ausgebaut wurden um damit andere Käfer weiterhin am laufen zu halten. Im Zwefelsfall sind in der Sammlung weit über 100 Fahrzeuge, da kann man auch mal ein schlecht erhaltendes Modell in seine Einzelteile zerlegen.
Natürlich stehen die guten Exemplare alle im Haus, wobei der Platz auch dort begrenzt ist. Entsprechend eng geparkt stehen die Autos beisammen. Einfach zwischendurch rumlaufen ist so leider nicht möglich - vernünftige Fotos auch nicht. Aber dafür haben wir jetzt gerade ohnehin nicht die Zeit da Herr Walter mit seinem Rundgang beginnt und wir bloß nichts von seinen Geschichten verpassen wollen. Zum Beispiel von seiner Vorliebe für solide alte VW Käfer als die meisten Menschen bereit waren auf modernere Alternativen umstiegen und die kleinen Krabbler für wirklich wenig (oder kein) Geld den Besitzer wechselten. Auf diese Weise wurde der Grundstock der Sammlung gebildet.
Zwischenzeitlich wurde sogar im Fernsehen bestimmte Fahrzeuge ein Gesuch ausgestrahlt - irgendwie musste man ja ohne Facebook und Co die breite Bevölkerung möglichst weitreichend ansprechen. Auf diese Weise kamen auch das eine oder andere wirklich seltene Stück in die Sammlung. Zum Beispiel ein Käfer von 1945 der kriegsbedingt einige Besonderheiten aufweist die so kein anderer Wagen hatte (die Dachhaut ist nicht aus einem großen Stück Blech sonden aus kleineren Stücken zusammgenschweißt da die Presswerkzeuge beim Luftangriff zersört wurden). So schreiten wir von Auto zu Auto, von Etage zu Etage und von einem Gebäude zum nächsten. Selbstvertändlich braucht es dabei keinen Spickzettel oder Moderationskarten. so oft wie Herr Walter diese Führungen bereits mitgemacht hat.
Wenn schon ein Käfer aus (nahezu) jedem Baujahr in der Sammlung ist und der Wunsch nach noch mehr Autos besteht kann man naürlich auch noch diverse Sondermodelle, Spezialumbauten oder Filmautos sammeln. Ein Herbie Double gehört auch dazu. Nur Dudu der deutsche Gegenentwurf fehlt, aber das ist vielleicht auch besser so. Neben den technischen Details die sich von Modelljahr zu Modelljahr verändert haben, gibt es bei vielen Exponaten noch die Geschichte dazu wie das Auto überhaupt in der Sammlung gelandet ist und wieviel Arbeit investiert werden musste bis es wieder so gut aussieht. Tatsächlich sind gleich mehrere Käfer quasi Fabrikneu mit noch eingepackter Innenausstattung direkt vom Fließband in die Hallen nach Kaunitz gekommen.
Neben den Käfern finden sich einige Typ 3, Karmann Ghia, K70, Bully und Kübelwagen in der Sammlung. Unter anderem auch ein originaler DDR Export Golf, diese wurden damals offiziell nach Ostdeutschland verkauft - im Tausch gegen Rohstoffe und Werkzeugmaschinen die unmittelbar im VW Konzern verwendet werden konnten. Mein persönliches Highlight ist das Käfer Cabrio für die Polizei. Nicht wegen der besseren Aussicht sondern weil es unbedingt ein viertüriges Fahrzeug sein musste, durfte das Cabrio in den Streifendienst gehen. Im Sommer bestimmt ganz angenehm aber im Winter kein schöner Arbeitsplatz.
Zum Abschluss des Rundgang kommen wir in die Halle mit den modernen Fahrzeugen. Hier stehen dicht gedrängt ein Dutzend VW Jetta (auch als Cabrioumbau), Golf, Scirocco und Passat/Santana. Auch solche Modelle gehören zur Geschichte von Volkswagen, selbst wenn sie in den Köpfen der meisten Menschen nicht annähernd so viel Gewicht haben wie das Urgestein VW Käfer. Vielleicht wird sich das für Leute die später geboren sind anders verhalten. Die sind nicht im VW aufgewachsen, haben damit Fahren gelernt oder hatten ihn als erstes eigenes Auto.
Nach fast drei Stunden sind wir wieder am Start des Rundgang angekommen. Gesehen und gehört haben wir mehr als wir behalten können. Dafür stehen einfach zu viele Exponate auf zwei und vier Rädern in den Hallen. Wir bedauern das jetzt bereits ein Teil der Fahrzeuge verkauft wurde und (vermutlich) in anderen Sammlungen verschwinden wird wo sie nicht mehr zugänglich sind und nicht mehr so viel zu ihrer Lebensgeschichte erzählt werden kann.
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