Es ist Winter in Deutschland. Und das heißt auch den Autos und ihren Motoren ist es ziemlich kalt. Speziell die Dieselmotoren müssen erstmal aufgewärmt werden damit sie vernünftig anspringen können. Wenn das nicht richtig funktioniert, startet der Wagen entweder gar nicht oder er klingt wie ein alter Trecker und räuchert eine Weile vor sich hin bis endlich alle Zylinder mitlaufen wollen. Für alle die sich von den starken Vibrationen und Rauchentwicklung noch nicht aus der Ruhe bringen lassen, leuchtet auch noch die gelbe Motorkontrolleuchte auf.
Da der Fahrer dieses Audi A6 Competiton nicht bis zum Frühlign warten will, wenn das Wetter besser wird, müssen wir uns jetzt darum kümmern die alten Glühkerzen auszutauschen. In der Theorie wirklich überhaupt keine wilde Aktion; einfach die Motorhaube öffnen, die Motorabdeckung entfernen (nur eingeschnappt), die sechs Stecker abziehen, Glühkerzen rausdrehen und die Neuen in gleicher weise wieder reinstopfen. Leider sieht die Praxis ein wenig anders aus. Die Kerzen neigen bedingt durch die ständigen Temperaturschwankungen und eindringende Verschmutzungen zum festbacken. Und weil die Kerzen so filigran gebaut sind, kann man ganz schnell, ohne große Anstrengung den Kopf abreißen. Dann steht gleich deutlich mehr Arbeit bevor da die kaputte Kerze entweder ausgebohrt oder der komplette Zylinderkopf demontiert werden muss um die Reste irgendwie von innen herauszubekommen.
Wir wollen uns dieses Schicksal um jeden Preis ersparen. In der Fachwerkstatt schwört man entweder auf chemische Zaubermittel oder Spezialwerkzeuge welche die Kerze losvibrieren sollen ohne sie abzubrechen. Da die Lösung aus der Sprühdose um welten günstiger ist, versuchen wir unser Glück als erstes damit. Bevor irgendwas abreißt, geben wir hoffentlich rechtzeitig auf und treten die Aufgabe doch noch an eine Werkstatt ab. Ach ja und selbst wenn laut Fehlerspeicher vom Motorsteuergerät nur eine von sechs Kerzen defekt ist, wollen wir natürlich alle auf einen Schlag erneuern. Nicht das in ein paar Monaten wieder eine verreckt. Zumal die Teile mit 90€ fürs Set nicht übertrieben teuer waren.
Um unsere Erfolgschance zu maximieren geben wir dem Kriechöl die besten Arbeitsbedingungen. Erstmal auf die Autobahn und den Audi richtig schön warm fahren. Bloß gut das die Winterreifen bis Tempo 270 zugelassen sind. Zurück in der Garage alles freilegen und jede Kerze ordentlich einsprühen. Anschließend das Auto für eine Nacht stehen lassen und am nächsten Tag das selbe Spiel nochmal. Erst dann entfernen wir die sehr fest sitzenden Kerzenstecker und pusten den Staub der vergangenen sechs Jahre aus den Kerzenlöchern. Mit einem kleinen Drehmomentschlüssel (auf 21Nm eingestellt) versuchen wir dann ob sich irgendwas lösen lässt.
Aber Achtung, nicht jeder Drehmomentschlüssel funktioniert in beide Richtungen. Im Zweifelsfall mit einer 1/4Zoll Knarre und nur aus dem Handgelenk arbeiten. Wenn das nicht reicht, sollte man vielleicht nochmal kurz Pause machen und die Sprühdose mit dem Kriechöl hervorholen. Mit einer langen 10mm Stecknuss, extralanger Verlängerung und Knarre drehen wir alle Kerzen erfolgreich aus ihrem Gewinde. Mit einem Stabmagnet angeln wir die Alten raus und setzen die Neuen genau so behutsam wieder ein. Damit die Kerze nicht schief ins Gewinde gedreht wird, fangen wir erstmal mit bloßen Fingern an sie einzuschrauben. Erst dann kommt der Drehmomentschlüssel zum Einsatz (17Nm Anzungsmoment) und anschließend die Stecker wieder drauf.
Anschließend löschen wir nochmal den Fehlerspeicher und starten dann den Motor. Man merkt sofort den Unterschied wenn alle sechs Zylinder zur Arbeit erscheinen; kein weißer Rauch, keine Vibrationen und keine ungesunden Geräusche. Ein Erfolg auf ganzer Linie. Da der Audi nicht nur gut starten sondern auch gut stoppen muss, tauschen wir im selben Durchgang auch die Bremsbeläge an der Hinterachse. Dafür brauchen wir wegen der elektrischen Feststellbremse unbedingt ein passendes Diagnosepgrogramm um die Stellmotoren zurückzufahren. Ansonsten ist der Belagwechsel wie bei jedem anderen Fahrzeug auch. Auto aufbocken, Räder abschrauben, Bremssattel lösen (13&15mm Schlüsselweite).
Stecker vom Verschleißkontakt und Stellmotor trennen, Sattel abnehmen, Kolben zurückdrücken (keine Dreh-Drück-Rückstellwerkzeug erforderlich), die alten Beläge und Führungsbleche entfernen, Bleche reinigen oder austauschen und wieder einsetzen, neue Beläge an den Führungsnasen mit Keramikpaste einschmieren und in den Halter einsetzen. Anschließend den Sattel wieder aufsetzen und die Schrauben mit ca. 28Nm sowie Schraubenkleber anziehen.
Anschließend die Verschleißsensoren einsetzen und anschließen. Achtung; die Beläge sind innen und aussen unterschiedlich. Jetzt noch die Stecker für die Feststellbremse anschließen und die Räder wieder anbringen. Ein paar mal das Bremspedal durchtreten bis die Beläge an der Scheibe anliegen, dan sind wir bereit für eine Probefahrt. Bis die neuen Beläge und alten Scheiben sich optimal aufeinander eingelaufen haben kann es bis zu 100km dauern. In dieser Zeit empfiehlt es sich auf unntöige starke Abbremsungen zu verzichten. Diese Arbeit ist zwar ein wenig schmutziger, aber nervlich deutlich weniger anspruchsvoll als die Glühkerzen zu tauschen. Wir wissen ganz genau welchen Job wir lieber machen würden.
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