Freitag, 22. September 2023

Ein echter Exot kommt zu Besuch: das Schwert der Straße

 

Was ist zwei Tonnen schwer, hat freistehende Scheinwerfer und einen 7.4l Benzinmotor mit Vergaser? Noch nicht genau genug? Karosserie aus GFK, Baujahr 1977, drei Scheibenwischer und vier Sitzplätze. Die Antwort ist Excalibur. Nicht das Schwert sondern die Automarke. Genauer gesagt ein Excalibur Phaeton SS Serie 3. Schon ein ziemlich seltenes Fahrzeug in Deutschland, gut das wir Leute kennen die sowas haben, genauer gesagt zwei Stück. Und einen davon dürfen wir mal fahren. Aber nur wenn alles klappt.

 


Excalibur Nummer Eins ist schon länger im Besitz und läuft abgesehen von dem einen oder anderen Defekt ziemlich zuverlässig zu allen möglichen regionalen Oldtimerveranstaltungen und Ausfahrten. Allerdings hat der Zahn der Zeit an der einen oder anderen Stelle schon seine Spuren hinterlassen. Statt diesen Wagen jetzt auf Zustandsnote 1 zu restaurieren wurde stattdessen ein anderes (besser erhaltenes) Exemplar gekauft. Das steht zwar theoretisch schon seit über 25 Jahren in Deutschland, war aber nie auf der Straße sondern nur in einer privaten Autosammlung. Enstsprechend lange wurde auch nichts mehr an der Technik gemacht. Für den bevorstehenden Ausflug ins Emsland muss darum einigens gemacht werden. 

 


Darum wurde die Abholung auch nicht auf eigener Achse sondern mit dem Abschleppwagen gemacht. Sicher ist sicher. Der große Vorteil und gleichzeitg ungewöhnliches Detail ist der Fahrzeugbrief; dort steht alles relevante drin inklusive Erstzulassungsdatum (01.07.1977) aber kein erster Halter. Das ist uns so noch nie begegnet und wir wissen nicht ob der Excalibur damit so durch die Zulassung geht. Ein paar Anrufe liefern Gewissheit; wenn das Auto eine gültige HU hat, kann er wie jeder normale Gebrauchtwagen angemeldet werden. Zusätzlich soll noch eine Oldtimerzulassung nach §23 StVZO gemacht werden. Anderenfalls kommen Steuern in Höhe von rund 1870 Euro auf uns zu. Mit H-Kennzeichen nur 191 Euro. 

 


Die wesentlichen Vorraussetzungen erfüllt dieser Wagen dafür schonmal; er ist über 30 Jahre alt und in einem guten und weitestgehend originalen Zustand. Erste Hürde ist aber die erfolgreiche Hauptuntersuchung und dafür müssen Bremse, Lenkung, Beleuchtung und diverse andere Baugruppen ebenfalls in Ordnung sein. Damit auf eventuelle Schwierigkeiten direkt reagiert werden kann, wird die HU dieses Mal direkt in einer Oldtimerwerkstatt durchgeführt die sich auch mit solchen Exoten auskennt. Weil das Motoröl noch gut aussieht wird ein erster Startversuch ohne weitere Vorbereitungen durchgeführt. Mit Bremsenreiniger in den Vergaser erwacht der V8  BigBlock von GeneralMotors ohne viel Theater zum Leben. Allerdings scheint der Vergaser ziemlich versifft zu sein. 

 


Entweder man macht sich jetzt die Arbeit und überholt den originalen Vergaser, oder man kauft einen baugleichen Neuen oder man wechselt auf ein Zubehörteil das auch gleich ein wenig mehr Durchlass hat. Richtig gut kann der neue Vergaser seinen Job erst dann machen wenn auch eine größere Ansaugbrücke installiert wird. Die hat den netten Effekt direkt mal geschätze 20 Kilogramm leichter als das originale Gusseisenteil zu sein (und es sieht wesentlich besser aus). Und weil man eh den halben Motorraum dafür zerpflückt hat, kann man auch gleich eine neue Nockenwelle mit geänderten Steuerzeiten reinschmeißen. Damit sollte das Aggregat mindestens 40 PS dazu gewonnen haben und deutlich lebhafter zu Werke gehen. Der Sound war vorher schon nicht von schlechten Eltern. Damit können jetzt die HU-relevanten Arbeiten beginnen.


 

Tatsächlich sind erstmal nur vier neue Reifen und neue Bremsflüssigkeit erforderlich und dann eine ausgiebige Testrunde mit roten Kennzeichen damit Motor und Bremsanlage wieder mal richtig auf Temperaturen kommen. Leider waren kurzfristig keine neuen Weißwandreifen im passenden Format lieferbar. So musste gezwungenermaßen auf AllTerain Reifen ausgewichen werden (tatsächlich im selben Format wie sie der Jimny auch trägt). Sieht jetzt komisch aus, fährt aber gut und das ist alles was im Moment wichtig ist. Auf der Probefahrt zeigt sich das die Bremse so doch nicht wirklich gut ist und zumindest neue Bremsbeläge und Bremsschläuche erforderlich sind. Da es sich hier um Großserienteile wie sie in der C3 Corvette verbaut wurden handelt, bekommt man relativ schnell und günstig passenden Ersatz geliefert.

 


Der TÜV Prüfer hat dann auch nichts weiter zu bemängeln und erteilt seinen Segen. Auf der Zulassungsstelle stellt sich nichtmal das verkleinerte hintere Kennzeichen als Problem dar. Mit den neuen Schildern unterm Arm geht es zurück in die Werkstatt und endlich los zur ersten offiziellen und angemeldeten Fahrt durch Ostwestfalen. Die Straßenlage ist doch recht gewöhnungsbedürftig da man sehr weit hinter der Vorderachse sitzt. Das kleine Lenkrad und die leichtgängige Servolenkung lassen die ersten Meter noch ziemlich eierig werden. Irgendwann hat man sich daran gewöhnt und kann die Fahrt genießen. Durch die niedrige Windschutzscheibe muss man entweder sehr klein sein und sich nach unten ducken oder man trägt eine Schutzbrille und hält den Kopf raus in den Fahrtwind. 

 


So oder so kann man den Sound vom Achtzylinder bestens genießen und zieht nebenbei viele Blicke auf sich. Ein Auto wie dieses sieht man im normalen Straßenbild nicht alle Tage. Leider ist die Freude immer wieder von Tankstopps unterbrochen da wir nicht wissen wie genau die ständig schwankende Tankanzeige wirklich ist. Abgesehen davon läuft der Wagen für sein Alter wirklich gut, die knapp 44000km auf dem Tacho könnten wirklich stimmen und würden auch den guten Zustand vom Holz und Leder im Innenraum erklären. Jetzt haben wir noch eine Woche Zeit bis es losgeht zu unserem Wochenendtripp. Bis dahin muss noch geklärt werden warum das Dreigang Automatikgetriebe immer erst so spät hochschaltet. Hoffentlich ist hier nichts durch die lange Standzeit kaputt gegangen - für eine komplette Revision fehlt jetzt echt die Zeit. 

 


Nach ein bisschen stochern im Dunkeln und Austausch der einen oder anderen Vakuumleitung (durch die Niveauregulierung an beiden Achsen und der vierfach Fanfare sind das ein paar mehr als bei anderen Autos) findet sich die kaputte Leitung welche von der Ansaugbrücke zum Getriebe verläuft. Sobald die drin ist schaltet der Wagen wesentlich früher hoch und beschleunigt besser. Jetzt fehlt nur noch das hakelige Zündschloss bzw. der unwillig Anlasser. Weitere Stunden voller Messungen und Fehlersuche lassen nur den Schluss zu das im Zündschloss ein Kontakt verschlissen sein muss so das nicht genug Strom beim Magnetschalter für den Anlasser ankommt. Ein provisorischer Bypass mit Startknopf löst dieses Problem unbürokratisch.



Natürlich war das noch lange nicht alles. So macht der Excalibur wenige Tage vorm Starttermin nochmal Probleme; der Blinkerhebel bricht ab und um ihn zu reparieren muss das Lenkrad runter. Das klappt mit etwas Recherche und einem selbstgebauten Abzieher tatsächlich noch ganz gut. Allerdings zerbröselt das Kunststoff-Innenleben der Lenksäule dabei. Jetzt stehen wir ohne Blinker, Fernlicht, Hupe, Scheibenwischer, Scheibenwaschanlage und einem noch hakeligeren Zündschloss da. Der Blinker kann provisorisch wieder repariert werden und für den Scheibenwischer kommt ein provisorischer Schalter unters Armaturenbrett. Auf die restlichen Funktionen müssen wir in dieser Woche leider verzichten. Hauptsache das was wir jetzt noch haben hält auch wirklich durch. Aber davon berichten wir dann beim nächsten Mal.

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