Montag, 13. August 2018

Westwood T1600 Wiederbelebung


Wenn man mit offenen Augen durch die Weltgeschichte läuft, dann findet man manchmal richtig günstige Gelegenheiten an den unmöglichsten Orten. So wie dieser Rasentraktor der nach mehreren Jahren Stillstand kurz vor der Verschrottung stand. Das können wir natürlich nicht untätig mit ansehen. Also übernehmen wir die Aufgabe den Mäher wieder ans Laufen zu kriegen.


Angeblich soll der Motor beim letzten aktiven Einsatz noch gut gelaufen sein. Danach wurde der Tank und die Leitungen zum Vergaser geleert. Mit etwas Glück hat sich hier also kein alter Kraftstoff dekompostiert und die winzigen Passagen im Vergaser irgendwie verstopft. Um das zu testen müssen wir den Motor mal starten. Da es sich um einen etwas größeren Zweizylinder-Motor von Briggs&Stratton handelt, gibt es keinen Seilzugstarter sondern ausschließlich den elektrischen Anlasser. Ohne funktionierende Batterie passiert hier gar nichts.


Mit einer frischen Batterie (die alte AGM Batterie unserer blauen Boxer BMW) und ausreichend Öl im Motor wagen wir uns an den ersten Startversuch. Da sich der Motor mit bloßen Händen zumindest ein Stück weit vor und zurück drehen, festgegammelt ist also nichts. Damit wir nicht lange mit der Kraftstoffversorgung rumbasteln müssen, soll fürs Erste Startpilot also Ether hergenommen werden. Wenn der Motor damit einige Sekunden erfolgreich läuft, wissen wir das an der Zündanlage und Ventilsteuerung keine offensichtlichen Probleme vorliegen und können uns dann um den Vergaser und die Benzinleitungen kümmern. Um den Ether direkt in den Vergaser zu sprühen müssen nur vier Flügelmuttern am Luftfilterkasten entfernt und die Blechabdeckung sowie der Luftfilter nach oben abgezogen werden.


Tatsächlich gab der theoretisch 16PS starke Motor auch direkt ein paar Lebenszeichen von sich. Leider hat Startpilot den Nachteil das es ich manchmal auch zu früh entzündet und der Motor zurückschlägt. Das heißt der Kolben will sich wieder zurück bewegen und die Kurbelwelle entgegen der eigentlichen Drehrichtung treiben. Soweit ist das noch kein großes Problem, wenn jedoch der Anlasser noch eingespurt ist und sich dem entgegensetzen will kann schnell was kaputt gehen. In diesem Fall das Anlasserritzel bzw. dessen Zähne. Eigentlich zu erwarten wenn man so ein Teil aus Kunststoff baut.


Da dieses Kunststoffzahnrad mit der Zeit von alleine kaputt geht und ausgewechselt werden muss ist es kein großes Problem passenden Ersatz zu bekommen. Nur die Installation ist etwas aufwändiger. Zunächst muss das Kabel vom Minuspol der Batterie gelöst werden. Dann muss die obere und linke Blechverkleidung vom Motorblock abgebaut werden. Dazu sind ringsherum einige Schrauben (8 und 10mm Schlüsselweite) zu entfernen. Die Gaszüge und Kabelbäume können aus dem Weg geschoben werden um die Bleche zu entnehmen. Mit einem kleinen Schraubenschlüssel können dann die zwei oberen Befestigungsschrauben und das Stromkabel unterm an Anlasser gelöst werden. Mit etwas (oder etwas mehr) Gefummel lässt sich der Anlasser vom Motor abziehen.


Das Ritzel wird durch eine Feder samt Plastikkäfig auf der Welle vom Anlasser gehalten. Dieser ist durch einen Spannstift fixiert. Mit einem passenden Splintetreiber oder Nagel kann er aus seiner Bohrung geschlagen und das Zahnrad erneuert werden. Nach dem neuerlichen Zusammenbau lässt sich der Motor jetzt wieder mit dem Anlasser durchdrehen. Doch auch mit einigen Litern Benzin im Tank will der Motor nicht aus eigener Kraft weiterlaufen. Eine probeweise direkte Versorgung des Vergaser durch einen Schlauch aus der Spritzflasche funktioniert hingegen einwandfrei. Offenbar kann der Vergaser/Motor keinen Kraftstoff ansaugen.


Dazu muss gesagt sein dass dieser Motor eine eigene vakuumbetriebene Kraftstoffpumpe hat die den Sprit aus dem Tank gegen die Schwerkraft hoch zur Schwimmerkammer vom Vergaser pumpt. Wenn mit  einer Vakuumpumpe am Schlauch zum Vergaser gesogen wird, kommt kein Sprit raus. Aber wenn mit Pressluft ein Überdruck im Benzintank aufgebaut wird, kommt Sprit beim Vergaser an. Woran kann das liegen? Eine feuchte Stelle am gewebeummantelten Benzinschlauch zwischen Filter und Vergaser brachte den Hinweis der uns zur Wurzel des Problems führte; im Schlauch ist ein kleines Loch! So saugt die Pumpe immerzu Luft an und keinen Kraftstoff. Also bauen wir einen neuen Schlauch ein (8mm Innendurchmesser) und damit ist dieses Hindernis auch beseitigt.


Jetzt gelingt es auch den Motor mit dem Anlasser zu Starten und aus dem Benzintank Kraftstoff zu pumpen damit der Motor weiterläuft. Damit sind auch endlich eine Probefahrt und Probemähen möglich. Abgesehen davon dass der Gangwahlhebel sehr schwergängig ist und man nicht immer den gewünschten Gang trifft, funktioniert hier soweit alles. Die beiden Messer des Mähwerks sind zwar oberflächlich angerostet aber sauber geschliffen und ohne Macken. Dafür fällt jetzt auf dass die beiden Frontscheinwerfer nicht funktionieren. Im Grunde kein wichtiges Bauteil solange man nur tagsüber den Rasen mähen will. Aber der Ehrgeiz ist geweckt und was da ist soll gefälligst auch funktionieren. Im Internet findet sich die originale Bedienungsanleitung samt Stromlaufplänen und bietet zumindest etwas Erklärung.


Letztendlich haben es die unbekannten Vorbesitzer mit ihren Modifikationen am Kabelbaum nicht geschafft so viel Unheil anzurichten dass die Elektrik komplett vermurkst ist. So genügt etwas Kontaktspray in die Stecker und neue Glassicherungen statt Blumendraht auf der Platine(!) damit die Lichter wieder funktionieren. Damit der neue Besitzer Tag und Nacht arbeiten kann bekommt der Motor jetzt noch einen Ölwechsel und alle Schmiernippel (die wir finden konnten) erhalten einen Schuss neues Schmierfett. Zum Abschluss nochmal mit dem Hochdruckreiniger von oben und unten alles abwaschen und das Schaltgestänge mit Kriechöl behandeln. Dann klappts auch wieder mit der Gangwahl.

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