Freitag, 1. November 2019

Sandkastenspiele für große Kinder und kleine Autos


Manchmal muss man wirklich spontan sein und die Gelegenheit beim Schopf packen wenn sie sich bietet. So kommen die unmöglichsten Begegnungen zustande. So wie aus einem zwanglosen Gespräch auf dem Parkplatz unseres örtlichen Autoteiledealers zu einem Tag voller Sand und Schlamm führt.


Bevor wir direkt ins Gelände gehen, fangen wir die Geschichte nochmal von vorne an. Nachdem ich im Laden ein paar dringend nötige Utensilien für das aktuelle Schrauberprojekt erworben habe, stand draußen vor der Tür neben dem quietschgelben Jimny ein schwarzer Suzuki Samurai mit großen grobstolligen Rädern, ordentlich Bodenfreiheit und einem externen Überrollkäfig. Ganz offensichtlich wurde dieser Wagen nicht nur zum posen umgebaut. Die Seilwinde vorne im Stoßfänger sowie die Schalensitze mit Vierpunkt-Hosenträgergurten sehen nach ernstgemeintem Betrieb abseits befestigter Straßen aus.


Während ich mir den Samurai anschaue und die Ähnlichkeiten zwischen beiden Autos vergleiche kommt der Besitzer ebenfalls aus dem Laden und stellt sich dazu. So kommen wir ins Gespräch und natürlich kommt die Frage auf wie gut der neue Jimny sich im Gelände schlagen würde. Unser erster Versuch im Fürsten Forrest wurde leider ein Schuss in den Ofen und seit dem lauern wir auf eine Gelegenheit. Darauf folgt das Angebot uns beim nächsten Trip zum Offroad Park Extertal mitzunehmen. Da sagen wir natürlich nicht nein.


Kaum drei Wochen später folgt die ersehnte Nachricht; Sonntag gehts los, seid ihr dabei? Und ob! Nic ist als Beifahrer auch mit am Start. So treffen wir uns morgens um 9Uhr beim Bäcker und fahren von dort im Convoy über die Autobahn nach Silixen. Für die Verständigung unterwegs haben wir ein CB-Funkgerät provisorisch im Jimny verbaut. Im Kofferraum befinden sich Bergegurte, Schäkel, Klappspaten, Proviant und Gummisitiefel. Letztere werden wir vermutlich am meisten brauchen da für den ganzen Tag Regen angekündigt wurde.


Für heute ist freies Fahren geplant, von 10h bis 18h kostet uns der Spaß 25€ pro Fahrzeug. Dafür steht uns eine komplette Sandgrube mit verschiedensten Hindernissen und Untegründen zur Verfügung. Natürlich werden wir nicht gleich aufs Ganze gehen, dafür wissen wir noch nicht genug vom Fahren im Gelände und den Fähigkeiten unseres Jimny. Wie praktisch das wir einen erfahrenen Begleiter haben der uns ein bisschen in die Materie einführen will.


Darum fahren wir die erste Runde durchs Gelände auch nicht hinterm Steuer vom Jimny sondern auf dem Beifahrersitz des Samurai. Hier hat man zwar merklich weniger Platz, was durch die Schalensitze und Vierpunktgurte noch verstärkt wird, aber dafür gibt es jetzt kaum ein Hindernis das uns aufhalten kann. Trotzdem dürfen wir jetzt nicht blind drauf los fahren. Erst kommt noch die Unterweisung fürs richtige Verhalten. Regel Nummer Eins: Gegenseitige Rücksichtnahme. Es gibt im Gelände keine Vorfahrtsregeln, also immer auf die anderen Fahrer achten.


Zweite wichtige Regel: Niemals die Daumen ins Lenkrad stecken wie man es auf normalen Straßen gewohnt ist. Falls das Lenkrad durch ein Hindernis vor den Rädern plötzlich herumschlägt können die Daumen dabei gebrochen werden.  Und die dritte Regel: nur so schnell fahren wie unbedingt nötig. Sofern die Geschwindigkeit nicht ausreicht, nochmal mit mehr Schwung versuchen. Ausserdem soll die Kupplung nicht lange schleifen gelassen werden, da der Motor in diesem Moment keine Bremswirkung erbringen kann.


Wie der Allradantrieb und die Untersetzungsstufe aktiviert werden, haben wir in der Vergangenheit schon selbst herrausgefunden. Inwiefern die elektronischen Assistenten uns im Gelände helfen, werden wir später noch herrausfinden. Jetzt versuchen wir als erste Übung mal eine recht steile Piste auf das Hochplateau zu bezwingen. Dann mal ran ans Werk. Ohne Anlauf einfach mal losfahren und schauen wie weit wir auf dem regennassen Boden kommen. Unterwegs nicht zu viel Gas geben, nur soviel das der Motor rund läuft. Auf diese Weise schaffen wir es schon deutlich weiter hinauf als uns vorher möglich schien.


Sobald es nicht mehr weiter geht und die Räder nurnoch durchdrehen sofort voll auf Bremse und Kupplung treten. Trotzdem rutscht der Wagen ein kleines Stück den Hügel runter. Daran muss man sich auch erstmal gewöhnen. Kein Grund zur Panik. Rückwärtsgang einlegen, in die Spiegel schauen ob hinter uns alles frei ist, Lenkrad gerade halten und dann wieder schlagartig Kupplung und Bremse lösen damit der Wagen keinen Satz nach hinten macht sondern direkt von der Motorbremse eingefangen wird. Dank der Untersetzung hat der Motor dafür die nötige Bremsleistung und bringt uns heile zurück zum Start.


Jetzt wollen wir es aber wirklich wissen. Ein bisschen mehr Anlauf, ein bisschen mehr Geschwindigkeit und dann klappt es auch mit der Gipfelbesteigung. Oben angekommen machen wir uns erstmal ein Bild vom Areal auf dem mittlerweile ein gutes Dutzend verschiedenster Geländewagen und Quads unterwegs sind. Die Talfahrt erfolgt wieder ausschließlich mit der Motorbremse; bis an die Kante fahren und dann langsam nach unten rollen. Wenn man jetzt panisch reagiert und versucht zu bremsen könnte sich der Wagen quer stellen und den Abhang hinunter rollen. Das wollen wir natürlich nicht. Mit der Bergabfahrhilfe funktioniert es tatsächlich auch ganz gut.


Die folgendenden 90 Minuten wiederholen wir das Manöver aus verschiedenen Richtungen mit wachsender Begeisterung. Nachdem der Regen den Boden komplett aufgeweicht hat müssen wir die Steigung im 2. Gang mit ordentlich Anlauf starten um an die Spitze zu kommen. Kleine Wasserdurchfahrten trauen wir uns auch zu, nachdem der Samurai vorher die Tiefe ausgelotet hat. Selbst der tiefe Modder ist kein Problem für den Jimny mit Straßenreifen, man darf nur nie stehen bleiben und muss immer auf dem Gas stehen damit die Räder den Schlamm auswerfen der sich im Profil festsetzt. Tatsächlich sind wir den ganzen Tag über nicht einmal so stecken geblieben das wir Bergehilfe gebraucht hätten.


Die technisch anspruchsvollen Passagen haben wir nur am Rande getestet da unser Wagen nicht die nötige Traktion und Bodenfreiheit hat um über die Wellen und Absätze langsam drüber zu fahren. Und sobald Geschwindigkeit ins Spiel kommt steigt das Risiko irgendwas zu beschädigen. Bis auf eine kaputte Plastikhalterung an der Schwellerverkleidung gab es am Ende des Tages tatsächlich keine Defekte zu vermelden. Dafür sieht der Innenraum ziemlich wüst aus und muss im Laufe der nächsten Woche erstmal gründlich gereinigt werden. Beim nächsten Mal sind wir hoffentlich wieder mit dabei.

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